Backyard TV im Fab Lab: „Vernetzt produzieren“ – Industrie 4.0, Internet of Things und DIY

Das Fab Lab war kürzlich Schauplatz einer neuen Episode von Backyard TV. In dem Magazin geht es um die gegenwärtigen Transformationsprozesse in der Medienwelt. Produziert wird es von nextMedia.Hamburg, einer Standortinitiative der Hamburger Medien- und Digitalwirtschaft getragen von der Hamburger Senatskanzlei, der
Hamburgischen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (HWF) und dem Verein hamburg@work.

In der neuen Ausgabe geht es um „vernetztes Produzieren„. Das kann man technisch, aber auch menschlich verstehen. Werden Produktionsabläufe digital und vernetzt gesteuert, überwacht oder sogar mehr oder weniger direkt über das Internet gestartet oder angepasst, so spricht man seit einiger Zeit von „Industrie 4.0„. Produktionssysteme sollen autonomer handeln, sich untereinander koordinieren oder Wartungen veranlassen. Dies führt idealerweise zu einer effizienteren Ressourcennutzung und höherer Flexibilität – Stichwort Mass Customisation und Long Tail. Der Begriff wurde vom BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) im Jahr 2011 geprägt und soll das Potential und die Veränderungen, die sich durch weitere Digitalisierung und Vernetzung der Produktion ergeben zum Ausdruck bringen.

Ein Blick zurück: als Erste Industrielle Revolution bezeichnet man die Mechanisierung mit Wasser- und Dampfkraft zwischen 1750 und 1850.

Die Nutzung der elektrischen Energie und die Organisation der Arbeitsschritte der Produktion entlang von Fließbändern führte ab Ende des 19. Jahrhunderts zur Zweiten Industriellen Revolution. Bemerkenswerterweise fußte diese Entwicklung massiv auf dem Nutzen von Pferden, wie Ulrich Raulff in seinem Buch “ Das letzte Jahrhundert der Pferde.“ eindrucksvoll herausstellt. Auch unser Fab Lab hat einen direkten Bezug dazu – unser erster fester Ort war in einem kleinen Raum, der ursprünglich als Pferdestall des ehemaligen Schlachthofs genutzt wurde.

Die Dritte Industrielle oder auch digitale Revolution kam mit fortschreitendem Einsatz von Elektronik und Informationstechnik, die eine weitere Automatisierung ermöglichte. In der Folge wurden Arbeiter von schweren und monotonen körperlichen Arbeiten entlastet und eine präzisere Fertigung ermöglicht. Dies verstärkte jedoch auch die Kluft zwischen sehr einfachen und hochspezialisierten Tätigkeiten.

Im angloamerikanischen Raum stieß 2011 der US-Ökonom Jeremy Rifkin eine Debatte über ein mögliches kollaboratives, gemeinschaftliches Wirtschaften (engl. collaborative commons) an. Als Treiber dieser Entwicklung sieht er unter anderem die kostengünstige weltweite Vernetzung und die Nutzung erneuerbarer Energien. Rifkin wiederum bezeichnet diese Entwickung als „Third Industrial Revolution“ (anders als in der deutschen Einteilung wird die Digitale Revolution in den USA nicht als Dritte Industrielle Revolution gezählt)1.

Chris Anderson drehte mit seinem 2012 erschienenen Buch Makers: Das Internet der Dinge: Die nächste industrielle Revolution die Diskussion weiter. Dabei haben „Makers“ und das Internet der Dinge zunächst einmal nichts mit industrieller Produktion zu tun. Anderson sieht aber die Entwicklung der beiden als so bedeutend an, dass sie zu einer neuen industriellen Revolution führen werden. Der Begriff Internet der Dinge, im Englischen Internet of Things oder kurz IoT, ist dabei recht alt. Er wurde bereits 1999 von dem britischen Informatiker Kevin Ashton geprägt. Er bezeichnete damit eine Entwicklung zu allgegenwärtigen, in andere Geräte und Gegenstände eingebetteten, vernetzten Computern. Eine Entwicklung, die nun mehr und mehr Realität wird.

Der Begriff „Maker“ ist nicht komplett gleich zu setzten mit der Do It Yourself-Kultur (DIY) und insbesondere ist es entscheidend, in welchem Kulturkreis und bezogen auf welche Zeit die Begriffe verwendet werden. Letztlich zeigen sie jedoch einen Trend – die dezentrale Produktion.

Was hat das ganze nun mit dem Fab Lab zu tun? Es ist ein Ort, an dem diese Entwicklungen passieren, an dem Prototypen für Produkte und neue Geschäftsmodelle entwickelt werden können, und an dem Werkzeuge und Knowhow für die Entwicklung zum Beispiel von „Dingen mit eingebautem Internet“ (Internet of Things) vorhanden sind.

Weiter Protagonist im Video ist neben Axel Sylvester und Astrid Lorenzen vom Fab Lab Fabulous St. Pauli Marius Schmeding vom Startup Skybus. Skybus hat eine Plattform entwickelt, die es ermöglicht Produktionsmaschinen miteinander reden zu lassen. Genau das also, was für eine Industrie 4.0 nötig, nach bisherigen Organisations- und Konstruktionsmodellen jedoch recht schwer ist.

Quellen:

1Rifkin, Jeremy (2011) The Third Industrial Revolution; How Lateral Power is Transforming Energy, the Economy, and the World