16.08.2023, 19:00 Uhr
Dauer: ca. 60 Minuten
Fab Lab
Stockmeyerstraße 43 – Halle 4k
20457 Hamburg
Post-Rock “Weltschmelz” mit C64 Knallwellen
Certain Disaster ist eine Band aus dem Bezirk Zero des Universums, die im stillen Kämmerlein des Kopfes von nilseuropa (Marton Juhasz) geboren wurde. Dennoch wagt sie es, sich für einen Abend von vier Musiker*innen der jungen Hamburger Rock- und Jazz-Szene verkörpern zu lassen. Die Mitglieder zeichnen musikalisch ihre letzten bittersüßen Gedanken auf, denn die Welt geht unter. Aber wunderschön. Mit phantastischen inneren Bilder des “Weltschmelzes”: eine neonfarbene C64-Regenbogen-Orgel wirbelt, ein letzter Roboterwalzer wird bequem im Wurmloch getanzt, die sterbenden Glückshormone werden wiedervereinigt und Rebellionsversuche gegen den sich unendlich anhäufenden Bauchnabelschmutz werden mit fragwürdiger Erfolgsrate gewagt.
Obwohl die Musik von Certain Disaster – entsprechend der kafkaesken Arbeitsweise – nicht zum Zweck des Zuhörens komponiert worden ist, wurde sie entdeckt und schon in mehreren Performances auf Kampnagel aufgeführt sowie von der Rock-Band “Lashless Lid” auf ihrer EP eingespielt. Das ganze Oeuvre, bestehend aus Songs und Fragmenten, wird nun erstmals in seiner Vollständigkeit, durch freie Improvisation miteinander verschmolzen, live gespielt. Für die harmonisch akkurate Verschmelzung im “Weltschmelz”-Modus ist der Jazz-Komponist Vincent Dombrowski zuständig, die Jazzsängerin und Performerin Yvonne Dombrowski vertextet und singt sie, der Gitarrist Paul Linardatos hält sich an den ins Unendliche expandierenden Gitarrensaiten fest und Leon Saleh erweckt die erstarrten Partikel mit dem Trommelstock zum Leben. Das hybride Musikgenre ergibt sich aus der 80er-Ästhetik des C64-Musikchip-Klangs und digitalen Effekten gerahmt von atmosphärischen Post-Rock Motiven, die in improvisierten Jazz-Soli ver(welt)schmolzen werden. Das Ergebnis ist ein synästhetisch-episches Erlebnis, das die Zuhörenden bis in die entferntesten Winkel unseres Universums entführt.
Der Schöpfer von Certain Disaster, nilseuropa (Marton Juhasz) ist Bioinformatiker, Molekular-Biologe, Interaction Designer, Spezialist für Robotik und selbst ausgebildeter Musikschaffender. Sein Bestreben, seine Kreativität zum Nutzen des Gemeinwohls einzusetzen, war früh klar: so entwickelte er mit 16 Jahren einen neural gesteuerten, bewegbaren künstlichen Arm, der als patentiertes Hilfsmittel heutzutage im Gesundheitswesen standardisiert verwendet wird. Derzeit entwickelt er neue Technologien für die Unabhängigkeit von Rollstuhlfahrer*innen, aber er hat auch zu Beginn der Pandemie eine Open-Source-DIY-Ozon-Kammer zur Desinfektion veröffentlicht, anhand derer u.a. in Krankenhäusern eine schnelle, günstige Lösung zu diesem Problem gefunden werden konnte. Mit fünf Jahren bereits von Papa am Lötkolben ausgebildet, wuchs er mit dem Wunsch auf, ein experimentierfreudiger Maker zu werden. Darüber hinaus bringt er aus den Jahren in der Wissenschaft nicht nur eine Begeisterung für die Forschung mit, sondern auch eine idealistisch-romantische Vorstellung von demokratischer Wissensteilung und horizontalen Entwicklungsprozessen. Deshalb trat er dem Art & Tech Medienlabor Kitchen Budapest bei (2008) und hat das erste Fab Lab in Budapest mitgegründet (2011). Sein Engagement für Retro-Computer, die für ihn eine Entdeckung und Inspirationsquelle der vergessenen Technologien ist, kann er in Form von ehrenamtlicher Restaurierung und Mitbetreuung der Sammlung des Computer-Museums Hamburg ausleben.
Die Effekte und der Klang des C64-Musikchips, die im Konzert angewendet werden, kommen aus einer seiner vielzähligen Entwicklungen, der M64: ein einzigartiges Instrument, das mit dem Einsetzen der Klaviertasten in den Körper des Commodore C64 geboren ist. Nach der Aufnahme der C64-Motive wurden Post-Rock-Atmosphären dazu komponiert und mit weiteren Effekten kombiniert. So entsteht eine Maker-Musik, die nirgendwo anders als im Maker-Himmer Fab Lab zuhause ist.
Hinweise: Bei trockenem Wetter wird das Konzert draußen, im Garten des Fab Labs, auf der Kanal-Seite stattfinden.
Was ist Fabulous St. Pauli?
Das 2011 gegründete erste Fab Lab in Hamburg und der Ort, an dem Ihr Computer-gesteuerte Maschinen wie 3D-Drucker oder Lasercutter nutzen und viele Sachen selbst herstellen könnt. Schaut mal in die FAQ oder ins Fab-Lab-Konzept. Wieviel die Nutzung der Geräte kostet, erfahrt Ihr hier. Seit 2020 ist Fabulous St. Pauli Mitglied im Fab City Hamburg e.V.
- Open Lab Day: jeden Donnerstag ab 17:00 Uhr. (Details). Für alle anderen Termine bitte im Kalender nachschauen; konkrete Anfragen könnt ihr uns per Mail schicken.