Als wir im Januar 2015 die Fábrica-Ausstellung ausräumten, war uns klar, dass Fabulous St. Pauli aus Phase I herausgewachsen war. Gut drei Jahre, nachdem das Centro Sociale unser damals nomadisierendes Fab Lab in dem kleinen „Büro“ schräg gegenüber der Karodiele aufgenommen hatte, stapelten sich Geräte und Materialien bis unter die Decke. An Open Lab Days, geschweige denn Workshops, war kaum noch zu denken, so eng war es geworden.
Es folgten vier Monate frustrierender Suche nach einer bezahlbaren Fläche auf St. Pauli. Wo immer wir anfragten, waren die Gewerbemieten unbezahlbar (zum Teil trotz monatelanger Leerstände). Dann ein Zufallsfund: Im Gewerbehof in der Lerchenstraße 16 wurde eine Werkhalle über 470 qm frei. Weil für Sommer 2016 der Abriss vorgesehen war, lag die Miete auf einem bezahlbaren Niveau, wie es noch vor zehn Jahren auf St. Pauli nicht unüblich war.
Zusammen mit elf Künstler*innen und Handwerker*innen zogen wir Ende Juni dann ein, mit 138 qm für Fab Lab. Mitte Juli war Eröffnung: Phase II begann. Wir konnten Besucher*innen nun sagen, so sieht ein Fab Lab wirklich aus. Nicht nur: Du musst dir das so und so vorstellen.
Alle Geräte haben seither ihren eigenen Platz bekommen, es gibt einen eigenen Löt- und Elektronikraum, neue Geräte sind hinzugekommen. Inzwischen gibt es relativ regelmäßig jeden Dienstag Workshops zu 3D-Druck, Vektorgrafik-Erstellung, Löten mit Kolben oder Reflow-Ofen, Arduino-Boards, Fräsen und anderem mehr. Wir haben den Open Lab Day wieder aufgenommen, an dem sich jeden Donnerstag ab 16:00 für alle Interessierten die Tür öffnet. Hier einige Bilder, was im Fab Lab gemacht wird:
Unsere Hallengenoss*innen fertigen unterdes Skateboards, Fliesen, malen Bilder, entwickeln Konzeptkunst, bauen Möbel und Skulpturen, drucken im Siebdruck und vieles mehr. St. Pauli hat einen tollen neuen Ort bekommen, an dem man Sachen machen kann. Gute Sachen. Verrückte Sachen. Nützliche Sachen…
Die Zahl der Mitglieder, und darüber freuen wir uns besonders, hat sich in den vergangenen sechs Monaten verdreifacht. Auch Refugees haben ihren Weg ins Fab Lab gefunden. Und weil es sich neben Centro, Flora und Kölibri auch als Ort für den Stadtteil versteht, war es keine Frage, dass die Redaktion der Stadtteilzeitung „St. Pauli selber machen“, die Refugees AG DIY oder Koordinationstreffen von Refugees Welcome Karoviertel hier unterkommen konnten, um sich zu treffen. Denn noch immer gibt es viel zu wenige öffentliche Räume auf St. Pauli, an denen sich die Bewohner*innen einfach so versammeln können, ohne dafür zu bezahlen.
Unser Mietvertrag geht erst einmal bis zum 31. Mai 2016. Danach ist der Abriss vorgesehen. Sollte er sich erneut verschieben, wären wir natürlich nicht traurig. Wir werden sehen. Bis dahin wollen wir ein paar weitere Pläne umsetzen:
- Wochenend-Workshops für Kinder
- Eine Mittwochsreihe von Filmen und Vorträgen, die um das Thema Produktion kreisen
- Einen besseren Lasercutter organisieren
- Noch mehr Workshops für Laien und Fortgeschrittene
- Und vielleicht auch die eine oder andere Arbeitsgruppe, z.B. zum Thema Arduino
Wenn Ihr es bisher noch nicht geschafft habt vorbeizukommen: Ihr könnt jederzeit einsteigen. Wer noch wenig bis gar nichts über das Fab-Lab-Konzept weiß, möge zunächst zu einem der Intros kommen, die alle zwei Wochen montags von 19:30 bis ca. 21:00 stattfinden. Wer sich mit STL-Dateien, 3D-Modellierung, Vektorgrafiken schon auskennt, kann sofort am donnerstäglichen Open Lab Day vorbeischauen.
Über Spenden (von der Steuer absetzbar) freuen wir uns nach wie vor. Denn Fabulous St. Pauli wird zurzeit ausschließlich von Mitgliedsbeiträgen, ehrenamtlicher Arbeit, Leihgaben und gelegentlichen Spenden getragen. Leider kosten Maschinen und Materialien mehr Geld als in einem klassischen Hackerspace, in dem es um Software und Rechner ging. Bits are for free, atoms are not.