Theorie trifft Praxis im Fab Lab: das Recht auf das Werk

Immer häufiger kommen Hochschulgruppen ins Fab Lab, um die dortigen Möglichkeiten zu erkunden. Kürzlich besuchte uns Tanja Moelders von der Leuphana Universität mit ihrem Seminar „Die gesellschaftliche Produktion von Raum und das Recht auf Stadt“. Was hat das Thema mit dem Fab Lab zu tun? Einiges. Für Henri Lefebvre, der den Begriff „Recht auf Stadt“ 1968 prägte, ist in diesem auch das Recht auf das Werk eingeschlossen. Wohlgemerkt nicht das Recht auf Arbeit – denn das bedeutet immer Lohnarbeit. Lefebvre hingegen ging es um einen anderen Prozess des Produzierens: das Werk, französisch: œuvre, folgt der Logik der Kunst, nicht der Logik der Ware. Es ist im Idealfall ein selbstbestimmtes Schaffen, das vielleicht sogar den gesellschaftlichen Raum verändert.

Den Studierenden hat es jedenfalls im Fab Lab gefallen. Hier ist ihr Bericht:

28.5.2019: Besuch von der Leuphana Universität

„Am 28. Mai hatten wir, circa 15 StudentInnen der Leuphana Universität die Möglichkeit, einen Einblick in die Arbeit und die Räumlichkeiten des Fab Labs Fabulous St. Pauli zu bekommen. Das „Recht auf Stadt“ und die „Produktion von Raum“ sind Themen, mit denen wir uns auf abstrakt-theoretischer Ebene im Rahmen eines Seminars beschäftigt hatten. Was aber bedeuten diese Zugänge in der Praxis und was haben die Begriffe mit dem Fabulous St. Pauli zu tun?

Wenn eine lernwütige Gruppe StudentInnen am Dienstagmorgen das Fabulous St. Pauli stürmt und das dortige Vorstandsmitglied Andreas Bochmann mit Fragen löchern, dann nennt man das eine Exkursion. Im Rahmen des Seminars „Die gesellschaftliche Produktion von Raum und das Recht auf die Stadt (Henri Lefebvre)“ haben wir zusammen mit unserer Dozentin Tanja Mölders, das Fab Lab als Praxisbeispiel unter die Lupe genommen.

Unser Seminar ist Teil des Minor (Nebenfach) „Raumwissenschaften“ und ermöglicht uns viele verschiedene Blickwinkel, da wir aus verschiedenen Hauptfächern und Disziplinen (z.B. Umwelt-, Kulturwissenschaften oder Studium Individuale) kommen. Gestartet haben wir unsere Exkursion mit einer außergewöhnlichen Vorstellungsrunde: Unsere Vornamen sind in dem vereinseigenen Lasercutter unter unseren neugierigen Blicken so ausgeschnitten worden, dass wir personalisierte Schilder vor uns aufstellen konnten.

Namensschilder sind die „Hello World“-Aufgabe am Lasercutter.

Dies war ein passender Einstieg in die Vielfalt der handwerklich-technischen Möglichkeiten, die Fabulous St. Pauli bietet. Nach der Vorstellung des Vereins und einem Abriss seiner Geschichte haben wir uns auf Entdeckungstour durch die Werkstatt begeben. Hierbei begutachteten wir die abgeschlossenen und laufenden Projekte (LibreSolar oder DIY-Phone).

Die anschließende Diskussion schlug Brücken zu unseren Studieninhalten und persönlichen Interessen. Denn bevor es für uns ins Fabulous ging, haben wir uns im Seminar Gedanken darüber gemacht, was uns dabei interessiert. So kamen wir mit einigen Fragen in die Lechenstraße 16. Zunächst wollten wir natürlich wissen, was ein Fab Lab ist, wie sich die Idee entwickelt hat und wie diese nach Hamburg gekommen ist. Spannend war natürlich auch, was im Fabulous St. Pauli schon alles gemacht wurde und wird und wie man mitmachen kann.

Wir sprachen über verschiedene aktuelle, aber auch vergangene Projekte, die im Fabulous möglich gemacht werden und wurden. Gerade vor dem Hintergrund von „Recht auf Stadt“ wurde auch die Lokalität selbst Thema und wie sich Fabulous St. Pauli halten kann, wenn von außen (z.B. durch die Stadt oder Privatunternehmen) Druck aufgebaut wird.

Vor unserem fachlichen Hintergrund der Umweltwissenschaften war darüber hinaus Recycling und der Gedanke, wie Nachhaltigkeit im Fabulous verortet ist, überaus interessant. Zu guter Letzt haben wir bei einem gemeinsamen veganen Picknick das Gesehene Revue passieren lassen und uns so von der Werkstatt verabschiedet. Gestärkt sind wir im Anschluss in eine Besichtigung des Gängeviertels gestartet.“